Omnibus-Verordnung zur CSRD: Was ändert sich, und was ist noch im Unklaren?
Die Omnibus-Initiative der EU hat in den letzten Monaten erhebliche Unsicherheit und zahlreiche Debatten ausgelöst. Während eine zentrale Entscheidung – die sogenannte „Stop-the-Clock-Regelung“ (Richtlinie (EU) 2025/794) – bereits verabschiedet wurde, bleiben viele grundlegende Fragen unbeantwortet. Besonders problematisch dabei ist, dass Unternehmen zwar formal mehr Zeit zur Vorbereitung erhalten, aber zugleich kaum Klarheit darüber besteht, worauf genau sie sich vorbereiten sollen.
Was verbindlich verabschiedet wurde
Am 16. April 2025 wurde die „Stop-the-Clock-Regelung“ (Richtlinie (EU) 2025/794) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie verschiebt die Erstanwendung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) für Unternehmen der sogenannten „Welle 2“ um zwei Jahre – von ursprünglich 2026 (Berichtsjahr 2025) auf nun 2028 (Berichtsjahr 2027). Viele Unternehmen gewinnen dadurch zusätzliche Zeit, sich auf die kommenden Berichtspflichten vorzubereiten.
Welche Unsicherheiten noch bestehen
Obwohl die Verschiebung der Berichtspflicht zunächst vorteilhaft erscheint, führt die anhaltende Unklarheit zu erheblichen Herausforderungen. Konkret besteht große Unsicherheit darüber, welche Unternehmen letztendlich von den Berichtspflichten im Jahr 2028 betroffen sein werden, da die zukünftige Definition der relevanten Größenklassen bisher offen bleibt. Die Unsicherheit über die Schwellenwerte ab denen Unternehmen berichtspflichtig sein werden, bedeutet für diese Unternehmen konkret, dass sie sich derzeit auf mehrere Szenarien vorbereiten müssen, was erheblichen zusätzlichen Aufwand bedeutet und die Gefahr birgt, in ineffiziente oder falsche Prozesse und Systeme zu investieren. Ebenso problematisch ist die unklare Ausgestaltung der geplanten Anpassungen an den „Revised European Sustainability Reporting Standards“ (ESRS), da Unternehmen nicht abschätzen können, wie umfangreich oder detailliert zukünftige Berichtsanforderungen tatsächlich ausfallen werden.
Was wird aktuell diskutiert
Im Zentrum der Diskussion stehen vor allem Vorschläge, die Untergrenze der Anzahl der Mitarbeitenden, ab denen die Berichtspflicht greift nach oben anzupassen. Der aktuelle Entwurf der EU-Kommission sieht vor diese Schwelle auf 1.000 Mitarbeitende anzuheben (was bedeutet, dass Unternehmen mit weniger Mitarbeitenden nicht mehr berichtspflichtig wären). Erste Schätzungen sprechen davon, dass somit bis zu 80% der ursprünglich berichtspflichtigen Unternehmen von der Berichtspflicht befreit wären. Die Europäische Zentralbank (EZB) sowie Italien schlagen dagegen eine Grenze von 500 Mitarbeitenden vor, um den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen sinnvoll, aber nicht zu stark einzuschränken. Zusätzlich prüft der leitende Verhandlungsführer der Omnibus-Initiative derzeit sogar eine drastisch höhere Schwelle von 3.000 Mitarbeitenden, was den Umfang der CSRD massiv beschneiden könnte. Zum aktuellen Zeitpunkt lässt sich nicht genau abschätzen, welchen Empfehlungen die EU schlussendlich folgen wird.
Auch bei der Umsatzschwelle gibt es unterschiedliche Positionen. Insbesondere Deutschland fordert eine deutliche Erhöhung der aktuellen Schwelle von 50 Mio. Euro auf 450 Mio. Euro. Eine solche Erhöhung könnte die Anzahl der berichtspflichtigen Unternehmen ebenfalls signifikant verringern und die ursprünglich breite Anwendung der CSRD stark einschränken.
Zusätzlich zu den Anpassungen der Größenklassen wurde die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) von der EU-Kommission beauftragt, die ESRS anzupassen und diese praxisnäher sowie weniger aufwendig zu gestalten. Der dafür vorgesehene Zeitplan – Abschluss der Überarbeitung bis Oktober 2025 – erscheint allerdings äußerst ambitioniert. Besonders kritisch ist die geplante öffentliche Konsultationsdauer von nur vier bis sechs Wochen im August und September 2025, die kaum ausreichend ist, um die komplexen Änderungen angemessen zu diskutieren und zu bewerten. Solange die konkreten Schwellenwerte nicht feststehen, ist zudem fraglich, wie zielgerichtet und nützlich diese Standards tatsächlich gestaltet werden können.
Handlungsempfehlungen
Auch wenn die Berichtspflichten formal verschoben wurden, gilt für Unternehmen weiterhin: Aufgeschoben ist (noch) nicht aufgehoben. Unternehmen sollten sich daher nicht auf der aktuellen Unsicherheit ausruhen und keinesfalls vollständig auf die Erhebung relevanter ESG-Daten verzichten. Denn eines ist sicher: Anfragen zu ESG-Themen von Kunden, Banken und anderen Stakeholdern werden weiterhin erfolgen und möglicherweise sogar zunehmen.
Unternehmen sollten jetzt besonders intensiv an der robusten und flexiblen Gestaltung interner Systeme und Prozesse arbeiten. Dies schließt insbesondere die Entwicklung einer leistungsfähigen IT- und Dateninfrastruktur mit ein, die flexibel genug ist, um verschiedene mögliche regulatorische Anforderungen erfüllen zu können. Einige Datenpunkte wie beispielsweise Treibhausgasemissionen (THG) sind bereits heute absehbar und werden sicher nicht aus der Berichterstattung verschwinden.
Weiterhin ist es empfehlenswert, die regulatorischen Entwicklungen kontinuierlich zu verfolgen und intern klare Verantwortlichkeiten für die Bewertung dieser Veränderungen zu etablieren. Ein vorausschauendes Risikomanagement, das auf unterschiedliche Szenarien vorbereitet ist, sollte dabei eine zentrale Rolle spielen.
Darüber hinaus bleibt die Durchführung einer umfassenden Wesentlichkeitsanalyse ein zentraler Baustein für jedes Unternehmen. Die Wesentlichkeitsanalyse bietet die Möglichkeit, Ressourcen gezielt und effizient einzusetzen und eine belastbare Basis für die zukünftige Nachhaltigkeitsberichterstattung zu schaffen.
Angesichts der Dynamik und Relevanz der aktuellen Diskussionen bleibt eine kritische und kontinuierliche Beobachtung der regulatorischen Entwicklungen für weiterhin Unternehmen unerlässlich.
Bei Fragen rund ums Thema Nachhaltigkeitsbericht (bspw. nach CSRD oder VSME) und anderen ESG-Thematiken, kontaktieren Sie uns gerne über das verlinkte Kontaktformular unten.
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