ESRS-Update: Einblicke in den Fortschritt der EFRAG

Sechs Hebel zur Vereinfachung der ESRS:
Zusammenfassung des EFRAG-Progress Reports

Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) hat in einem aktuellen Zwischenbericht (Progress Report) zur Überarbeitung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) im Rahmen des EU-„Omnibus“-Pakets weitreichende Erleichterungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Aussicht gestellt. So sollen Unternehmen künftig weniger als die Hälfte der bislang vorgesehenen Datenpunkte berichten müssen, und die Doppelte Wesentlichkeitsanalyse wird vereinfacht. Diese Anpassungen sollen unnötigen bürokratischen Aufwand abbauen und gleichzeitig die Aussagekraft der Berichte erhalten. Im Mittelpunkt stehen laut dem Zwischenbericht sechs zentrale Hebel der Vereinfachung, mit denen die EFRAG die Anwendbarkeit der ESRS verbessern und Unternehmen entlasten will. In diesem Blogbeitrag wollen wir diese sechs Hebel näher erläutern und einordnen, was Unternehmen nun bereits vorbereitend tun können.

Hebel 1:
Vereinfachung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse

Die Doppelte Wesentlichkeitsanalyse, das Herzstück der ESRS- Berichterstattung, wird grundlegend überarbeitet. Bisher wurde sie von vielen Anwendern als zu komplex, unklar und arbeitsintensiv kritisiert. Die EFRAG hat festgestellt, dass die Anforderungen an die Wesentlichkeitsanalyse in der Praxis erhebliche Belastungen verursachen und teils als bloße Pflichtübung (Checklisten-Abhaken) missverstanden werden . Ziel ist es nun, den Fokus wieder auf das Wesentliche zu richten und Schlupfwinkel in den Vorgaben zu beseitigen, damit die Wesentlichkeitsprüfung kein „Compliance-Tickbox“-Prozess mehr ist, sondern ein sinnvolles Verfahren, um tatsächlich relevante Nachhaltigkeitsthemen zu identifizieren.

Wichtige geplante Änderungen im Rahmen dieses Hebels umfassen:

  • Top-Down-Ansatz stärken: Die Wesentlichkeitsanalyse soll künftig vom Geschäftsmodell aus „top-down“ durchgeführt werden. Unternehmen beginnen also bei einer Analyse ihres Geschäftsmodells, um die offensichtlich wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen zu ermitteln, statt sich rein von einer Bottom-up-Checkliste leiten zu lassen (gemeint ist hiermit vermutlich ESRS 2, AR16) . Zudem wird klargestellt, dass der erforderliche Nachweis und die Dokumentation der Wesentlichkeit angemessen und verhältnismäßig sein müssen – insbesondere wenn ohnehin klar ist, dass ein bestimmtes Thema
    für die Branche oder das Geschäftsmodell wesentlich ist.
  • Filter für Informationswesentlichkeit: Die EFRAG führt einen zusätzlichen Wesentlichkeits-Filter auf Datenpunktebene ein. Das bedeutet, alle einzelnen geforderten Datenpunkte (auch in ESRS 2) sollen daraufhin geprüft werden, ob die enthaltenen Informationen für die Entscheidungsfindung wirklich relevant sind. Unwichtige Detailangaben können so herausgefiltert werden, was den Umfang der Berichterstattung weiter verschlankt.
  • Klärung von Kriterien und Anwendungsfragen: Die Definition von „wesentlichen“ Informationen soll präzisiert und stärker an der Entscheidungsnützlichkeit ausgerichtet werden. Die EFRAG adressiert zudem bislang ungeklärte Fragen, z. B. wie positive Auswirkungen zu definieren sind (bspw. in Abgrenzung zu Maßnahmen) oder ob und unter welchen Bedingungen auch nicht-wesentliche Themen freiwillig berichtet werden dürfen, falls z. B. Ratingagenturen diese Informationen verlangen. Des Weiteren wird klargestellt, dass bei teilweise wesentlichen Themen nur die wesentlichen Aspekte berichtet werden müssen, ohne dass dadurch automatisch alle zugehörigen Datenpunkte des Standards auszulösen sind.
  • Fair-Presentation-Prinzip betonen: Die EFRAG will schließlich das Prinzip der fairen Darstellung („fair presentation“), ein aus der Finanzberichterstattung und den ISSB-Standards bekanntes Konzept, stärker verankern. Dieses Prinzip soll sicherstellen, dass Berichte dem Grundsatz der relevanten und verlässlichen Vermittlung folgen, anstatt bloß möglichst viele Punkte abzudecken. Damit soll das Risiko verringert werden, dass Unternehmen aus Angst vor Prüfungsausschluss unnötige Informationen berichten, die vom Wesentlichen ablenken.

Hebel 2: Bessere Lesbarkeit und Einbettung des Berichts

Viele Unternehmen empfinden ihre Nachhaltigkeitsberichte nach ESRS als zu umfangreich und granular, sodass wichtige Kernaussagen in einer Flut von Detaildaten untergehen. Die EFRAG berichtet, dass zahlreiche ESRS-Berichte bisher „zu viel Detail und zu wenig Story“ enthielten: Die Berichte mischten kritische Informationen mit übermäßig detaillierten Datenpunkten, was es den Unternehmen erschwert habe, „ihre Geschichte zu erzählen“. Nachhaltigkeitsberichte wurden daher vielfach als reines Compliance-Produkt wahrgenommen – im Gegensatz zum Anspruch der CSRD, Nachhaltigkeitsinformationen auf Augenhöhe mit der Finanzberichterstattung zu etablieren. Einer der Gründe: Aufgrund von Angst vor einem verwehrten Prüfungstestat trauten sich einige Ersteller nicht, die Texte kurz und bündig zu halten.

Hebel 2 zielt darauf ab, Nachhaltigkeitsberichte kürzer, übersichtlicher und lesefreundlicher zu machen – und sie besser in die Gesamtberichterstattung einzubetten. Geplante Maßnahmen sind unter anderem:

  • Management Summary einführen: Unternehmen sollen die Möglichkeit erhalten, an den Anfang des Nachhaltigkeitsberichts einen kurzen zusammenfassenden Überblick („Executive Summary“) zu stellen. Da es im Nachhaltigkeitsbericht, anders als im Finanzbericht, keine primären Abschlussbestandteile (wie bspw. Bilanz oder GuV) gibt, können so die wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen, ihre Verbindung zur Strategie und Governance des Unternehmens, die Leistung und der Ausblick kompakt dargestellt werden. Eine solche Management Summary soll den Adressaten helfen, die Kernaussagen des Berichts auf einen Blick zu erfassen.

  • Details in Anhänge auslagern: Granulare Informationen und Datenfriedhöfe im Fließtext sollen vermieden werden. Die EFRAG plant, sehr detaillierte Angaben (z. B. Kennzahlen) künftig in eigene Abschnitte oder Anhänge auslagern zu lassen Speziell die umfangreichen EU-Taxonomie-Offenlegungen, oftmals kritisiert wegen geringer Relevanz, dürfen in einem separaten Anhang präsentiert werden, anstatt den narrativen Nachhaltigkeitsbericht zu überfrachten. Dadurch wird der Hauptbericht schlanker, während wichtige Detaildaten für Interessierte weiterhin verfügbar bleiben.

  • Duplikate vermeiden & Struktur flexibilisieren: Unternehmen sollen mehr Gestaltungsspielraum bei der Strukturierung ihres Berichts haben, um Wiederholungen zu reduzieren. Bislang wurde die vorgegebene Reihenfolge der ESRS-Standards oft wie ein Inhaltsverzeichnis strikt abgearbeitet, was zu Doppelungen führte (z. B. identische Infos in Strategie- und Governance-Teilen). Zukünftig will die EFRAG klarstellen, dass Inhalte thematisch gebündelt und Doppel-Berichterstattung vermieden werden soll. So könnte beispielsweise ein gemeinsamer Abschnitt für verwandte Themen genutzt werden, anstatt jedes Standard-Kapitel isoliert zu bedienen. Insgesamt soll der Nachhaltigkeitsbericht dadurch prägnanter werden, ohne an Informationsgehalt einzubüßen.

Hebel 3: Neugestaltung von Mindestanforderungen vs. themenspezifischen Vorgaben

Bisher existiert eine Zweischichtigkeit in den Vorgaben der ESRS: Zum einen allgemeine Mindestangaben in ESRS 2 (zu Konzepten, Maßnahmen und Zielen, die jedes Unternehmen berichten muss), und zum anderen detaillierte Pflichtangaben in den jeweiligen thematischen Standards, die oft ähnliche Informationen nochmals einfordern. Diese Konstellation hat sich als unnötig komplex und redundant erwiesen – Unternehmen fühlten sich verpflichtet, ähnliche Inhalte doppelt zu berichten, was den Umfang und Aufwand stark erhöhte. Die EFRAG bezeichnet die derzeitige Struktur klar als belastend, duplizierend und übermäßig granular.

Hebel 3 greift dieses Problem auf, indem die Beziehung zwischen den querschnittlichen Mindestangaben (Minimum Disclosure Requirements, MDR in ESRS 2) und den thematischen Angaben neu austariert wird. Geplant ist insbesondere:

  • Verschlankung der Querschnitts-Standards: Die generellen Pflichtelemente in ESRS 2 (Mindestangaben zu Strategie, Governance, Policies, Zielen etc.) bleiben grundsätzlich erhalten, aber ihre Anzahl und Detailtiefe wird spürbar reduziert. Die EFRAG plant, die Liste dieser übergreifenden Vorgaben deutlich zu straffen, damit nur die wirklich zentralen Datenpunkte als Mindestanforderung übrigbleiben und Doppelzählungen mit den Fachstandards vermieden werden.

  • Drastische Reduktion detaillierter Pflichthinweise in Themenstandards:
    In den thematischen ESRS (Umwelt, Soziales, Governance) sollen die zahlreichen detaillierten Angabepflichten zu Policies, Actions, Targets (PAT) radikal auf das essenzielle Minimum gekürzt werdenefrag.org. Viele der bisher vorgeschriebenen Detail-Datenpunkte werden ersatzlos gestrichen oder optioal gestaltet. Dies ist ein Schlüsselelement zur Datenpunkt-Reduktion, denn damit entfällt ein Großteil der bisher verpflichtenden granularen narrativen Datenpunkte. Die Standardsetzung folgt hier einem prinzipienorientierteren Ansatz: Statt jede Kleinigkeit vorzuschreiben, werden Unternehmen angehalten, in angemessener Aggregation über ihre Nachhaltigkeitsstrategie und -maßnahmen zu berichten (z. B. gebündelt nach Themen, nicht zwingend einzeln pro Unterthema), sofern dies den tatsächlichen Managementansatz besser widerspiegelt.

  • „If you have it“ und Proportionalität: EFRAG will klarstellen, dass Unternehmen nur über tatsächlich vorhandene und relevante Konzepte, Maßnahmen und Ziele berichten müssen. Mit anderen Worten, kein Unternehmen soll gezwungen sein, Inhalte zu „erfinden“, nur um jeden vordefinierten Punkt abzudecken. Gibt es zu einem bestimmten Nachhaltigkeitsthema beispielsweise keine formalisiertes Konzept, dann muss lediglich erklärt werden, dass keines vorhanden ist – anstatt künstlich Gründe für das Fehlen zu liefern. Diese vermeidet leere Pflichtangaben. Gleichzeitig wird betont, dass nur für wesentliche Themen ausführlich über Konzepte, Maßnahmen und Ziele berichtet werden soll; die Granularität der Darstellung soll die real vorhandenen Praktiken widerspiegeln und verhältnismäßig sein.

Hebel 4: Verbesserte Verständlichkeit, Klarheit und Zugänglichkeit der Standards

Neben inhaltlichen Vereinfachungen der Berichtsanforderungen selbst nimmt die EFRAG auch dieFormulierung der ESRS-Standards unter die Lupe. Rückmeldungen haben gezeigt, dass manche Elemente der Standards Verständnisprobleme bereiten und die Anwendung unnötig erschweren. Insbesondere die Einteilung mancher Angaben als „freiwillige“ (voluntary disclosures) sorgte für Verwirrung: Viele Ersteller und Prüfer interpretierten diese als quasi verpflichtend (eine Art Checkliste zusätzlicher Punkte), obwohl sie ursprünglich als Ermessensspielraum für fortgeschrittene Berichterstatter gedacht waren. Außerdem sind in den aktuellen ESRS-Texten verbindliche Vorschriften und unverbindliche Leitlinien vermischt, was es Unternehmen schwer macht, auf einen Blick zu erkennen, welche Anforderungen verpflichtend sind.

Hebel 4 zielt daher auf die redaktionelle und strukturelle Verbesserung der Standards ab, um ihre Anwendung klarer und einfacher zu machen. Geplant sind insbesondere:

  • Freiwillige Angaben entschlacken: Die Kategorie der freiwilligen Angabepflichten und Datenpunkte wird deutlich reduziert. Die EFRAG erwägt, viele dieser bislang als „may disclose“ gekennzeichneten Punkte zu streichen oder umzuformulieren. Damit soll verhindert werden, dass Prüfer oder Unternehmen diese als versteckte Pflicht ansehen. Künftig steht im Vordergrund: Entweder eine Angabe ist wesentlich und vorgeschrieben – oder sie ist optional und wirklich freiwillig. Diese klare Trennlinie nimmt den Druck, berichten zu müssen, nur weil es im Standard erwähnt ist.

  • Klare Trennung von Muss und Kann: Die Gliederung der ESRS-Standards wird überarbeitet, um verpflichtende Angaben klar von den freiwilligen zu separieren. Konkret sollen Pflichtangaben direkt unter der jeweiligen Angabepflicht platziert werden, während nicht-verbindliche Erläuterungen deutlich abgesetzt und als solche kenntlich gemacht werden. Eventuelle weitere freiwillige Angaben werden eindeutig als nicht verpflichtend markiert. Diese redaktionellen Anpassungen mögen klein wirken, haben aber große Wirkung: Lesbarkeit und Verständlichkeit der Standards steigen, und für Anwender soll leichter erkennbar werden, worauf es wirklich ankommt. Auch Prüfer können ihren Fokus so stärker auf die Einhaltung der Pflichtanforderungen legen, statt Interpretationsspielräume zu debattieren.

  • Mehr Benutzerfreundlichkeit: Durch die oben genannten Änderungen – weniger „Kann“-Bestimmungen und klar gegliederte Standard-Texte – wird die Anwendung der ESRS insgesamt einfacher. Unternehmen gewinnen an Sicherheit, nichts Wesentliches zu übersehen, und sparen Zeit beim Durcharbeiten der Standards. Die EFRAG erwartet, dass dies auch die Implementierungs- und Prüfungskosten senkt, da Missverständnisse reduziert werden. Insgesamt nähert man die ESRS damit in der Handhabung stärker dem Stil internationaler Standards (ISSB) an, was ebenfalls der Vergleichbarkeit dient.

Hebel 5: Weitere Entlastungsmaßnahmen und spezielle Erleichterungen

Unter Hebel 5 fasst die EFRAG diverse zusätzliche Ansatzpunkte zusammen, die aus der Konsultation und Evidenzsammlung als wichtig hervorgegangen sind. Diese Maßnahmen adressieren spezifische Problemfelder und sollen weitere Bürokratielasten abfedern, ohne die Aussagekraft der Berichte zu beeinträchtigen. Zu den wichtigsten Punkten gehören:

  • Erleichterungen bei Akquisitionen und Desinvestitionen: Die ESRS machten bisher keine klaren Vorgaben, wie Unternehmenszukäufe oder -verkäufe im Nachhaltigkeitsbericht abzubilden sind, was Unsicherheiten und potenzielle Mehrarbeit schuf. EFRAG schlägt hier einen pragmatischen Ansatz vor, der den Berichtsaufwand bei M&A-Transaktionen begrenzt. Konkret soll ein spezifisches Entlastungsmodell gelten, das sich an der Datenverfügbarkeit und Praktikabilität orientiert (Details hierzu stehen unter dem Vorbehalt weiterer Abstimmung, aber das Signal ist: kein übermäßiger Aufwand für einmalige Transaktionen).

  • Übernahme von ISSB-Erleichterungen (IFRS S1/S2): Die EFRAG prüft systematisch, welche Erleichterungen aus den globalen ISSB-Standards (IFRS S1 und S2) in den ESRS übernommen werden können. Dazu zählt insbesondere die großzügigere Anwendung der Klausel „undue cost or effort“ (unzumutbarer Aufwand): Unternehmen sollen auf bestimmte Datenerhebungen verzichten dürfen, wenn der Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen steht. Auch andere Erleichterungen für sensible Informationen (z. B. zu zukünftigen Chancen) aus den ISSB-Standards werden integriert. Insgesamt soll so verhindert werden, dass EU-Unternehmen durch strengere Vorgaben benachteiligt werden, während gleichzeitig die Interoperabilität mit den globalen Standards verbessert wird.

  • Berücksichtigung vertraulicher Informationen: Ein häufig vorgebrachtes Anliegen der Praxis ist der Schutz geschäftlich sensibler Nachhaltigkeitsinformationen (z. B. zu geplanten Strategien oder Investitionen). Die EFRAG zeigt Verständnis für diese Sorge und stellt Ausnahmeregelungen für besonders vertrauliche Angaben in Aussicht. Allerdings ist dieses Thema eng mit den laufenden Omnibus-Verhandlungen auf EU-Ebene verknüpft – die EU-Kommission hat signalisiert, dass die Behandlung von Geschäftsgeheimnissen gegebenenfalls in diesem Gesetzgebungsprozess zu klären ist. Die EFRAG wird daher Lösungen hierzu wohl erst in einem späteren Schritt vorlegen können. Nichtsdestotrotz steht das Thema auf der Agenda, etwa in Form eines möglichen „Chancen-Geheimhaltungsvorbehalts“ (ein Entwurf ist bspw. bereits Teil der IFRS-S2-Integration).

  • Überprüfung regulatorischer Indikatoren: Ein erheblicher Teil der ESRS-Pflichtangaben stammt aus EU-Regulierungen wie der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR). Die EFRAG weist darauf hin, dass in den ESRS vom Juli 2023 sämtliche SFDR-Indikatoren (auch optionale) verpflichtend aufgenommen wurden, was rund 16 % aller Datenpunkte ausmacht. Erste Rückmeldungen deuten jedoch an, dass einige dieser Indikatoren in der Praxis kaum relevant sind. Die EFRAG nimmt sich daher vor, diese EU-“Datapoints” einer Prüfung zu unterziehen und Anpassungen vorzuschlagen, wo Indikatoren keinen Mehrwert liefern. Ziel ist, dass Pflichtangaben mit anderen EU-Vorgaben (wie SFDR, Taxonomie) zwar konsistent bleiben, aber nur wirklich aussagekräftige Kennzahlen eingefordert werden. So sollen Unternehmen entlastet werden, ohne dass die Regulatorik-Ziele (Daten für Investoren, Green-Deal-Unterstützung) gefährdet werden.

  • Weitere technische Erleichterungen: Zusätzlich arbeitet die EFRAG an zahlreichen Detail-Verbesserungen. Beispielsweise wird erwogen, Grenzwerte und Abgrenzungen (z. B. was zählt zur Value Chain, wie sind eigene Betriebe vs. Lieferkette definiert) klarer zu fassen, um Interpretationsspielräume zu reduzieren. Auch Entlastungen bei bestimmten Kennzahlen stehen zur Debatte, etwa wenn Eingabedaten (noch) nicht verfügbar sind – hier könnten Phasenansätze oder Schätzmethoden zugelassen werden. Die EFRAG möchte zukünftig auch branchenspezifische Fragen aufgreifen (z. B. wie Finanzinstitute ihre Berichtsgrenzen ziehen sollen) und antizipiert zukünftige Anforderungen (etwa bei vorausschauenden Finanzinformationen in ESRS E1, wo ein schrittweises Vorgehen möglich sein könnte). All diese Punkte summieren sich laut EFRAG zu einer spürbaren Entlastung in der Breite.

Hebel 6: Verbesserte Interoperabilität mit globalen Standards

Im Progress Report geht die EFRAG auch auf die verbesserte Interoperabilität mit internationalen Standards, insbesondere mit den IFRS S1 und S2 des ISSB ein. Ziel ist es, Widersprüche und Doppelanforderungen zu vermeiden und so Unternehmen zu entlasten, die mehreren Berichtspflichten gleichzeitig unterliegen. Ein entscheidender Schritt ist die Angleichung der Berichtsgrenze für Treibhausgasemissionen an den konsolidierten Finanzkreis, wie er in IFRS S2 und im Greenhouse Gas Protocol vorgesehen ist. Zudem wird die Sprache der ESRS systematisch an die Formulierungen der ISSB-Standards angepasst, um Missverständnisse und Interpretationsspielräume zu reduzieren. Die Interoperabilität fließt auch als Kriterium in die Entscheidung über den Erhalt einzelner Datenpunkte ein und wird somit systematisch bei der Vereinfachung berücksichtigt. Damit unterstreicht die EFRAG ihr Ziel, die europäische Berichterstattung kompatibel mit globalen Entwicklungen zu halten, ohne die regulatorischen Ambitionen der EU zu verwässern.

Fazit und Ausblick

Der EFRAG-Progress Report zur ESRS-Überarbeitung zeigt klar, dass erhebliche Vereinfachungen auf dem Weg sind. Die sechs beschriebenen Hebel dürften dazu führen, dass die Nachhaltigkeitsberichterstattung schlanker, fokussierter und besser integrierbar wird. Nach der vorläufigen Einschätzung der EFRAG könnten die verpflichtenden Datenpunkte um über 50 % reduziert werden, ohne die inhaltlichen Ziele zu gefährden. Unternehmen würden damit deutlich entlastet, während die Qualität und Vergleichbarkeit der Berichte sogar steigen könnte (weil mehr Fokus auf wirklich Wesentlichem liegt).

Der Zeitplan: Die EFRAG muss der Europäischen Kommission die technischen Änderungsvorschläge bis 31. Oktober 2025 vorlegen. Bereits Mitte 2025 sollen erste Entwürfe der überarbeiteten ESRS veröffentlicht und im Sommer in einer kurzen Konsultation getestet werden. Die Europäische Kommission kann dann – voraussichtlich Anfang 2026 – per delegiertem Rechtsakt die revidierten ESRS in Kraft setzen, sobald auch der Gesetzgeber (Europäisches Parlament und Rat) im Omnibus-Paket grünes Licht gibt.

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